Zinskommentar der Dr. Klein Privatkunden AG
Von Weltwirtschaft bis Bankenbilanzen – die Faktoren, die derzeit auf den Spielraum für eine Senkung der Zinsen einwirken, sind vielfältig. Florian Pfaffinger (Mitglied des Expertenrats Dr. Klein) ordnet die aktuelle Lage vor dem nächsten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) ein und blickt auf die weitere Entwicklung der Bauzinsen.
Aktuelle Bauzinsentwicklung: Konstanz mit Ausschlägen
Das letzte Quartal in diesem Jahr begann genauso, wie sich die anderen drei zuvor präsentierten. Mit Baufinanzierungszinsen, die sich konsequent seitwärts auf einem moderaten Niveau bewegen. Inmitten dieses ruhigen Dahingleitens kam es jedoch auch zu Schwankungen. So strebte die Zinskurve in der zweiten Septemberhälfte zunächst leicht nach oben, neigte sich im Oktober jedoch bereits wieder abwärts.
„Die Märkte bewegen sich aktuell zwischen neuen Höchstständen an den Börsen und angstgetriebenen, meist kurzfristigen Rückgängen“, beschreibt Florian Pfaffinger, die Entwicklung und erklärt: „Wir sehen – wenn derzeit auch in moderatem Maß –, dass sich globale Krisen wie beispielsweise der Handelskonflikt zwischen Europa und den USA auf die Baufinanzierungszinsen auswirken.“ Dies geschieht, weil sich Bauzinsen an der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe orientieren. „Kommt es zu geopolitischen oder wirtschaftlichen Turbulenzen, wechseln Investoren gern von Aktienmärkten in sichere, festverzinsliche Wertpapiere. Dazu gehören die Bundesanleihen, deren Renditen bei steigender Nachfrage sinken – und umgekehrt. Diese Bewegung zeigt sich dann in der Entwicklung der Bauzinsen.“ Aktuell beträgt der repräsentative Zins von Dr. Klein für eine zehnjährige Zinsfestschreibung 3,28 Prozent (Stand: 27.10.2025). Damit liegt er weiterhin in dem von Dr. Klein zu Jahresbeginn prognostizierten Rahmen von Drei- bis 3,5 Prozent.
Weltpolitische Unsicherheiten und volle Bankenbücher schränken Zinssenkungsspielraum ein
Dass sich die stabile Zinsentwicklung auch bis zum Jahresende fortsetzt, hält Pfaffinger für realistisch. Allerdings: „Kurzfristige, leichte Ausschläge sind jederzeit und in beide Richtungen möglich – abhängig davon, welche weltpolitischen und konjunkturellen Entwicklungen uns in den kommenden Wochen und Monaten erwarten werden.“ Neben diesen Unsicherheiten, die den Spielraum für Zinssenkungen einschränken, spielen auch wirtschaftliche Überlegungen der Banken eine Rolle. „Ein Blick auf die aktuellen Konditionen einzelner Kreditinstitute zeigt, dass kleinere Rücksetzer bei den Zinsswaps derzeit nicht oder nur teilweise in günstigere Bauzinsen umgesetzt werden. Der Grund dafür ist, dass Richtung Jahresende die Bücher für Baufinanzierungen bei einzelnen Banken schon ausreichend gefüllt sind“, weiß Zinsexperte Florian Pfaffinger.
Spannend bleibt auch der Blick auf die Inflation. Sie lag im September in der Euro-Zone erstmals seit April dieses Jahres wieder über der angestrebten Zwei-Prozent-Marke (2,2 Prozent). In Deutschland erreichte sie mit 2,4 Prozent den höchsten Wert seit Februar 2025. Grund zur Sorge sei dies laut Pfaffinger jedoch nicht: „Die EZB hat die Entwicklung momentan gut im Griff.“ Die Chefin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde erwartet eine längere Phase annähender Preisstabilität im Euro-Raum. Ein gewisses Maß an Steigerungspotenzial bei der Inflation sieht der Zinsexperte von Dr. Klein dennoch: „Aufgrund der hohen schuldenfinanzierten europäischen Staatsausgaben, vor allem für Rüstung und Infrastruktur, ist nicht auszuschließen, dass die Teuerungsrate in den kommenden Monaten und Jahren wieder steigt. Dies wiederum könnte zu höheren Kapitalmarktzinsen führen und in der Folge auch die Bauzinsen nach oben treiben.“
Zinspolitik der EZB: abwarten und Kurs halten
Die Entwicklung der Inflation wird auch auf die kommenden Entscheidungen der Währungshütenden Einfluss nehmen. An den Märkten setzt sich zunehmend die Meinung durch, dass es in diesem Jahr voraussichtlich keine weiteren Zinssenkungen mehr geben wird. Diese Ansicht teilt auch Florian Pfaffinger: „Ich rechne weiterhin mit einer abwartenden Haltung der EZB. Auch wenn das konjunkturelle Umfeld nach wie vor von Unklarheit geprägt ist und das Inflationsziel mit dem jüngsten Preisanstieg leicht verfehlt wurde – die europäische Geldpolitik ist derzeit gut positioniert.“ Unklarheit herrscht hingegen über den weiteren Zinskurs der US-Notenbank Fed. Die heutige Entscheidung könnte zu kurzfristigen Impulsen bei den Zinsen führen, auch wenn sie keinen direkten Einfluss auf den EZB-Entscheid hat.
Würden die Zentralbankerinnen und -banker das Zinsniveau beibehalten, hätte dies den Vorteil, dass sie mehr Zeit hätten, um die aktuellen Risikofaktoren zu beurteilen. Möglichen herausfordernden Szenarien in den nächsten Monaten ließe sich dann umso stabiler begegnen. Nicht die schlechteste Aussicht in einem von Ungewissheit und Turbulenzen geprägten Umfeld.
Presse Dr. Klein vom Oktober 2025
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