Zinskommentar der Dr. Klein Privatkunden AG
Wer derzeit eine Immobilie kaufen möchte, muss nichts überstürzen. Die Baufinanzierungszinsen bewegen sich ohne größere Schwankungen auf einem nach wie vor moderaten Niveau. Woran das liegt, welche Zinsentwicklung in den kommenden Wochen wahrscheinlich ist und ob die Europäische Zentralbank (EZB) am 5. Juni erneut den Leitzins senken wird – dazu äußert sich Florian Pfaffinger (Mitglied im Expertenrat Dr. Klein).
Zinsen im Ruhemodus
Seitwärts – das war die Richtung, die die Baufinanzierungszinsen in den vergangenen Wochen einschlugen. Zeigten sie sich im ersten Quartal aufgrund innen- und außenpolitischer Turbulenzen noch recht volatil, verharrten sie im April und Mai auf etwa gleichbleibendem Niveau. Die Basis für das ruhige Fahrwasser boten dabei vor allem eine gewisse Entspannung an den Anleihemärkten nach dem Peak Anfang März sowie die rückläufige Inflation. Sie lag laut dem statistischen Amt der Europäischen Union, Eurostat, im Mai vorläufig bei 2,1 Prozent in Deutschland und bei 1,9 Prozent im Euro-Währungsraum.
Wie sensibel das Zinsumfeld allerdings auf handelspolitische Vorkommnisse reagiert, zeigte Ende Mai eine erneute Zoll-Eskapade von Donald Trump. Seine Ankündigung, Waren aus der EU ab dem 1. Juni mit Zöllen in Höhe von 50 Prozent zu belegen, sorgte wiederholt für Unruhe an der Börse. Folglich suchten Investoren nach sicheren Anlagen – die Nachfrage nach Anleihen stieg. „Die Baufinanzierungszinsen orientieren sich vor allem an der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe. Sie war nach Trumps Ankündigung zunächst leicht gefallen, nach der anschließend mit der EU ausgehandelten Fristverlängerung bis zum 9. Juli dann wieder etwas gestiegen – die Bauzinsen zogen entsprechend nach“, erklärt Pfaffinger. Aktuell beträgt der repräsentative Zins von Dr. Klein für eine 10-jährige Baufinanzierung 3,26 Prozent (Stand: 03.06.2025).
Aussichten im Prognosekorridor
Mit Blick auf die kommenden Wochen geht Pfaffinger davon aus, dass sich das moderate Zinsniveau halten wird. „Kurz- bis mittelfristig rechne ich für ein 10-jähriges Darlehen mit einem Zinssatz zwischen 3,25 und 3,5 Prozent. Natürlich kann es – abhängig von der Nachrichtenlage – auch zu Ausschlägen in beide Richtungen kommen. Bauzinsen von unter drei Prozent halte ich jedoch kurzfristig weiterhin für unwahrscheinlich“, so Pfaffinger. Dass sich die Zinsen wohl auch weiterhin in dem von Dr. Klein prognostizierten Korridor bewegen werden, beruht vor allem auf zweierlei: Zum einen sind mögliche weitere Zinssenkungen der EZB bereits eingepreist, zum anderen hat der Immobilienmarkt zwar etwas angezogen, ist jedoch weit von einer Überhitzung entfernt.
Spannend bleibt, wie sich die US-Handelspolitik zukünftig auf die Finanzmärkte auswirken wird. „Auf dem Börsenparkett hat sich die Meinung durchgesetzt, dass der amerikanische Präsident vor allem an Deals interessiert sei. Das führt zu etwas mehr Gelassenheit der Marktteilnehmer und folglich dazu, dass sie auf Trumps Zollpoker nicht mehr ganz so stark reagieren wie am Anfang.“ Gelassenheit empfiehlt der Zinsexperte auch Immobilieninteressierten: „Es gibt für die Banken in den nächsten Wochen keinen Grund, die Bauzinsen spürbar zu verändern. Wer also sein Wunschobjekt gefunden hat, kann in Ruhe seine Baufinanzierung zum Vertragsabschluss führen.“
Konjunktur im Fokus
Die Zentralbanker schauen derzeit besonders kritisch auf die Zollstreitigkeiten und die Zerwürfnisse in internationalen Bündnissen. Schließlich könnte sich beides negativ auf die Finanzstabilität und das Wirtschaftswachstum im Euro-Währungsraum auswirken. Vor allem jedoch orientieren sich die Währungshüter an aktuellen Konjunktur- und Inflationsdaten. Während die Teuerungsrate in den vergangenen Monaten rückläufig war, lässt ein spürbares Anziehen der Wirtschaft weiterhin auf sich warten. „Momentan legt die EZB ihren Fokus deutlich auf die konjunkturelle Erholung Europas“, erklärt Pfaffinger. „Weitere geldpolitische Impulse sind notwendig, um das Wirtschaftswachstum nachhaltig anzukurbeln. Ich rechne demzufolge aktuell mit einer erneuten Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte.“ Damit würde die Euro-Notenbank innerhalb eines Jahres zum achten Mal den Einlagenzins senken. Der Leitzins im Euro-Raum würde dann auf zwei Prozent fallen – der niedrigste Wert seit Dezember 2022.
Presse Dr. Klein vom 04.06.2025
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- Dr Klein Zinskomentar 2025 06: Dr. Klein
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