EZB kündigt Zinswende ab Juli 2022 an – Verbände üben Kritik

EZB-Zinserhöhung

Die Europäische Zentralbank (EZB) will zunächst eines ihrer Anleihe-Kaufprogramme beenden und in einem zweiten Schritt im Juli 2022 mit der Zinswende beginnen. Die Kritik verschiedener Verbandsvertreter reicht von „zu zögerlich” bis hin zu „unzureichend“.

EZB-Präsidentin Lagarde: Aus für Anleihe-Ankaufprogramm APP und Zinsanhebung im Juli

Der EZB-Rat beschloss als ersten Schritt, das milliardenschwere Anleihe-Ankaufprogramm APP (Asset Purchase Programme) im Juli zu beenden. Der Leitzins bleibt bis dahin unverändert bei null Prozent. Der negative Satz für Einlagen von Geschäftsbanken bei der EZB, auch bekannt als “Strafzins”, beträgt weiterhin minus 0,5 Prozent.
Im Juli will die Notenbank den Leitzins auf 0,25 % anheben. Eine weitere Anhebung könnte im September erfolgen. Bei anhaltend hoher Inflation sogar stärker als im Juli.

Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges dämpfen nach Einschätzung der EZB die Konjunkturentwicklung im Euroraum und treiben die Inflation in die Höhe. In Deutschland ereichte die jährliche Inflationsrate im Mai nach vorläufigen Zahlen mit 7,9 Prozent den höchsten Stand seit fast 50 Jahren.


Statement des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW): EZB hätte Zinsen bereits jetzt anheben sollen – andere Kommunikationsstrategie nötig

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrer Ratssitzung am 9. Juni entschieden, das Anleihekaufprogramm zu beenden und auf der nächsten Ratssitzung im Juli den Leitzins um 0,25 Prozent zu erhöhen. Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin, erklärt dazu: “Trotz einer stark veränderten wirtschaftlichen Lage hält die EZB am Kurs des graduellen Ausstiegs aus ihrer expansiven Geldpolitik fest. Sie musste das Wachstum nach unten und die Inflation nach oben revidieren. Ich befürchte, sie unterschätzt die Risiken eines weiteren Anstiegs der Inflation und der Inflationserwartungen. Sie hätte daher bereits jetzt den Ausstieg umsetzen und die Zinsen anheben können, anstatt den lang angekündigten ersten Zinsschritt nochmals um sechs Wochen zu verschieben. Damit hätte sie ein starkes Signal an Märkte, Sozialpartner und Menschen gesendet, dass sie die Risiken erkannt hat und entschieden handeln wird.”

Hier das vollständige Statement: diw.de


Pressemitteilung ifo: ifo-Präsident Fuest – EZB kommt zu spät

Die Zinsenscheidung der Europäischen Zentralbank hat ifo-Präsident Clemens Fuest bewertet als „einen richtigen Schritt, der aber zu spät kommt. Es war nicht akzeptabel, dass die EZB bei einer Inflation von acht Prozent bis heute an Negativzinsen und Anleihenkäufen festgehalten hat. Die Preissteigerungen betreffen nicht nur Energie und Lebensmittel, sie gewinnen an Breite“, sagte Fuest auf der ifo-Jahresversammlung am 9. Juni in München.

Hier die vollständige Pressemitteilung: ifo.de


Pressemitteilung Verband Sparda Banken: EZB-Handeln überfällig – Kernaufgabe seit Jahren verletzt

 „Die EZB wird von der Realität nun dazu gezwungen, die überfällige Zinswende endlich herbeizuführen. Jetzt kann sie nicht mehr anders. Ihren Kernauftrag, Preisstabilität zu gewährleisten, hat sie in den vergangenen Jahren massiv verletzt. Im Gegenteil: sie hat massive Verantwortung an der massiven Inflation und an der Gefahr einer Lohn-Preisspirale. Der Zeitplan der EZB, die Negativzinsen erst im September zu beenden, ist gerade aufgrund der unfassbaren Inflation nicht objektiv erklärbar“, so der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Sparda-Banken, Florian Rentsch.

Hier die vollständige Pressemitteilung: sparda-verband.de

 


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