Erste Einschätzung des Diskussionsentwurfs zur Umsetzung der Richtlinie durch das Analysehaus Scope.
Als Reaktion auf die Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 wurde nach Jahren der politisch gewollten Deregulierung des Finanzmarktes und seiner Akteure der Ruf nach strengeren Regeln laut. Die europäische Kommission verabschiedete 2009 eine Richtlinie zur Risikobegrenzung bisher unregulierter Finanzmarkt-Produkte sogenannter „alternative Investments“. Dazu gehören auch geschlossene Fonds.
Mögliche wesentliche Änderungen
Das Analysehaus Scope hat den Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums unter die Lupe genommen und folgende wesentliche Regelungen herausgearbeitet:
- Begrenzung des Fremdkapitals auf 30 Prozent des Fondsvermögens.
- Verbot von Ein-Objekt-Fonds mit Mindestzeichnungssummen von weniger als 50.000 Euro.
- Fonds mit Mindestzeichnungssummen unter 50.000 Euro müssen künftig dem „Grundsatz der Risikomischung“ Rechnung tragen. Was das im Detail bedeutet, lässt der Diskussionsentwurf laut Scope offen. Im Vorfeld war von mindestens drei Investitionsobjekten pro Fonds die Rede.
- Der Gesetzentwurf definiert die zulässigen Investitionsklassen. Bleibt der Entwurf unverändert, wären in Zukunft nach der Untersuchung von Scope beispielsweise geschlossene Wald-, Private Equity- oder Agrarfonds nicht mehr möglich.
Interessenausgleich erfolgreich umgesetzt?
Aufgabe des Entwurfes sollte eine Balance zwischen notwendigem Anlegerschutz und unternehmerischer Betätigung sein. Ob dieser Entwurf beiden Interessen gerecht wird, erscheint den Analysten von Scope zumindest bei folgenden Punkten fragwürdig:
Mindestanlagesumme?
„Die Heraufsetzung der Mindestanlagesumme auf 50.000 Euro dürfte den potentiellen Anlegerkreis deutlich verkleinern.“ In dieser Regelung sieht Scope gegenüber anderen Anlageklassen künftig eine Benachteiligung geschlossener Fonds. Zudem könnten Privatanleger ohne Beschränkungen in deutlich riskantere Anlagen wie zum Beispiel Zertifikate oder Aktien eines einzelnen Unternehmens investieren.
Mehr Sicherheit durch Mehrobjektfonds?
Diese Neuregelung würde nach Einschätzung von Scope „regelmäßig zu deutlich größeren Fondsvolumina führen“. Dies zöge zum einen „schwierigere Vorfinanzierungen“ für die Emittenten nach sich und würde voraussichtlich die Platzierungszeiträume verlängern. Scope bezweifelt zudem den angestrebten Risikominderungseffekt durch den Zwang zu Mehrobjektfonds:
„Es ist zudem fraglich, ob drei Single-Tenant-Objekte eine bessere Risikomischung bedeuten, als eine Immobilie mit mehreren Mietern.“ Die Diversifikation sollte nach Meinung von Scope nicht auf Fondsebene, sondern „im Portfolio des Anlegers erfolgen. Einer der Vorteile des Geschlossenen Fonds besteht gerade in der Möglichkeit selektiv zu investieren.“
Einschränkung der Investitionsklassen?
Kritisch sieht Scope auch die Eingrenzung geschlossener Fonds auf ausgesuchte Investitionsgegenstände. Im Ausschluss von Wald-, Private Equity- oder Agrarfonds sieht das Analysehaus „eine massive Einschränkung“ für Anleger. Sie könnten zukünftig nicht mehr über geschlossene Fonds an „neuen innovativen Investmentideen“ partizipieren.
Hintergrund Diskussionsentwurf AIFM-Richtlinie
Die europäische Kommission verfolgt als Reaktion auf die Finanzmarktkrise das Ziel, alle Akteure und Tätigkeiten des Finanzmarktes, die erhebliche Risiken bergen, einer angemessenen Regulierung zu unterwerfen.
Aus diesem Grund hat die Kommission im Jahr 2009 einen Richtlinienentwurf zu der Regulierung alternativer Investmentfondsmanager – kurz AIFM – veröffentlicht. Diese europäischen Richtlinien gilt es bis zum Juli 2013 in nationales Recht umzusetzen. Dazu hat das Bundesfinanzministerium am 20 Juli 2012 einen Diskussionsentwurf vorgelegt. Das Regelwerk umfasst 545 Seiten, die u.a. von Branchenverbänden im Detail geprüft werden.
Quelle: “Scope Ratings (Scope Analysemitteilung, 27.07.2012)
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