Bei Finanzfragen: Kopf oder Bauch? Wem soll man trauen?

Wem soll man trauen? Eigentlich führt diese Fragestellung schon auf die falsche Fährte: Denn nur gemeinsam sind Kopf und Bauch stark! Unter der FAZ-Rubrik „Meine Finanzen -Denkfehler, die uns Geld kosten“ erklärt Tillmann Neuscheler, in einem lesenswerten Artikel, warum ein kluger Bauch der beste Anlageberater ist.

In jüngster Zeit haben Neurologen in Experimenten gezeigt, dass wir uns auf unser Bauchgefühl recht häufig gut verlassen können. Andere wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass fürs Nachdenken keineswegs gilt: je länger, je besser. Zu langes Überlegen kann oft sogar schaden! Wer zulange nachdenkt, weiß nämlich oft nicht mehr wo ihm der Kopf steht.

Die Vernunft allein schafft es nicht.

Das gilt – meint Tillmann Neuscheler – auch bei der Geldanlage. Aber Achtung! Der Bauch schafft es natürlich auch nicht allein. Neuscheler führt aus: “Wir sammeln so viele Informationen wie möglich, wälzen Anlegermagazine und vergleichen Kennzahlen verschiedener Alternativen. Aber wann haben wir eigentlich genug Informationen gesammelt? Wann können wir mit gutem Gewissen die Suche beenden?” Wie viel Recherche ist nötig? Denn irgendwann muss auf jeden Fall Schluss sein, irgendwann muss schließlich eine Entscheidung fallen. Niemand kann jemals „vollständig informiert“ sein. Spätestens jetzt müssen wir uns auf unsere Intuitionen verlassen!

Was ist eine Intuition? Ein Wissen, welches wir nicht (oder: noch nicht) in Worte fassen können, erklärt Neuscheler und führt aus, dass solche Intuitionen dem bewussten Denken oft überlegen sind. Wenn es komplex wird, ist sie eine wichtige Orientierungshilfe, um mit der Informationsflut fertig zu werden. Wichtig: Ein kluger Bauch will geschult sein! Niemand kann sich auf seinen Bauch verlassen, wenn er im Grunde von der Materie nichts versteht. Das Bauchgefühl wird aber umso verlässlicher, je mehr man sich in der Vergangenheit mit einer Sache befasst hat. Unsere Gefühle greifen auf unsere bisherigen Erfahrungen zurück. Es geht nicht um „Entweder-oder“, sondern um „Sowohl-als-auch“. Teamwork eben.

Was bedeutet das alles für die Geldanlage?

Bei der tatsächlichen Auswahl der Geldanlagen reicht es meist, wenn zunächst die grobe Linie stimmt, meint Tillmann Neuscheler. Falsch ist es, unverhältnismäßig viel Zeit in die kleinen Entscheidungen aufzuwenden und zu wenig in die großen. Viele Anleger verheddern sich in Details und missachten dabei elementare Grundregeln. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, weiß es der Volksmund auf den Punkt zu bringen.

Neuscheler: Bei der Geldanlage ist die wichtigste Entscheidung, auf welche Anlageklassen man sein Vermögen grob aufteilt. Zum Beispiel ‘ein Drittel Aktien, ein Drittel Anleihen, ein Drittel Immobilien’. Erst danach sollte man weiter differenzieren und sich mit weiterführenden Details befassen. “Niemals jedoch kann man alles wissen. Wir fällen unsere Entscheidungen immer auf Basis unvollständiger Information – das ist völlig normal, meint Neuscheler.

Für strikte Kopfdenker wird sich das Gerede vom Bauchgefühl – insbesondere bei Finanzentscheidungen – ein wenig seltsam anhören. Aber Bauchgefühle wissen seit geraumer Zeit auch viele Wissenschaftler auf ihrer Seite. Der Neurobiologe  Damasio ist sicher: Ohne Gefühle sind überhaupt keine rationalen Gedanken möglich. Denken und Fühlen lassen sich nicht trennen.

Auch Menschen, die sich als Vernunftmenschen deklarieren, können viele Entscheidungsprobleme nicht allein mit bewusstem Denken lösen. (Neuscheler)

Neuscheler fasst seinen sehr lesenswerten Artikel so zusammen:

  • Der Fehler: Viele Menschen sammeln endlos Informationen und orientieren sich an der Idealvorstellung eines vollständig informierten Anlegers, der alle Optionen vergleicht, bevor er handelt.
  • Die Gefahr: Man verheddert sich in Details und sammelt immer weitere Informationen, die man gar nicht mehr gewichten kann.
  • Die Abhilfe: Es reicht oft, sich an grundlegende Anlageregeln zu halten, vor allem die, das Vermögen sinnvoll auf verschiedene Anlageklassen zu verteilen. Halten Anleger diese Regeln ein, können sie ihrem Bauchgefühl trauen. Sie müssen ja nicht darüber reden.

Ein etwas älterer Artikel schließt hier recht gut an: Wie treffen die Bundesbürger ihre Entscheidungen, wenn es um Finanzfragen geht?

 


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