Wenn in Deutschland Wohnungen in gehobenem Qualitätsstandard gebaut werden, ruft dieser Umstand nicht nur Befürworter, sondern auch Kritiker auf den Plan. Diese monieren, dass die Durchschnitts- und Geringverdiener vom Bau neuwertiger, teurer Wohnungen keinen Nutzen tragen. Das Forschungsinstitut empirica hat in einer Studie erklärt, weshalb durch den sogenannten „Sickereffekt“ alle Verdienstgruppen vom Bau neuer Domizile profitieren.
„Der Sickereffekt beschreibt streng genommen keine Theorie, sondern pure Lebenserfahrung“, schreibt das Institut empirica in der Kurzzusammenfassung seiner Studie zum Beitrag des Eigenheimbaus zur Wohnraumversorgung in NRW. Jemand, der gerade umgezogen ist, wird laut empirica jetzt wahrscheinlich in einer größeren Wohnung leben als zuvor. Das bedeutet, dass seine ehemalige kleinere, wahrscheinlich günstigere Bleibe nun frei geworden ist. Und eventuell wird der dortige Nachmieter ebenfalls aus einer kleineren Wohnung dorthin gezogen sein, auch wenn er mutmaßlich weniger verdient als sein Vormieter. In der Regel möchte man seine Wohnsituation durch einen Umzug verbessern. Und eine „neue“ Wohnung muss nicht zwangsläufig ein „Neubau“ sein.
Wohnungsgrößen sind relativ
Wenn teure Wohnungen gebaut werden, werden die Gutverdiener darauf aufmerksam und ziehen dort ein. Zunächst scheint es, als würde dabei nicht an die Durchschnitts- oder Geringverdiener gedacht. Doch diese profitieren ebenfalls vom Umzug der besser Bezahlten: diese machen dann ihre bisherige Wohnung frei, in die die Durchschnittsverdiener einziehen können, da diese sicher größer und moderner ist als ihre vorherige, so empirica. Und sie wiederum machen ihre Wohnung frei für die Geringverdiener, die nun ebenfalls in die nächstgrößere Wohnung ziehen können. So können sämtliche Verdienstgruppen den „Sickereffekt“ positiv für sich nutzen, auch wenn explizit keine „erschwinglichen“ Wohnungen gebaut werden.
Studie aus den 1970er Jahren belegt „Sickereffekt“
Wie empirica berichtet, dass das Prinzip des „Sickereffekts“ bereits in den 1970er Jahren untersucht wurde. Die damalige Studie zeigte, dass auch neu gebautes Eigentum durch „Sickereffekte in Form von Umzugsketten“ eine nicht minder soziale Auswirkung habe als eine neu gebaute Sozialwohnung. 2014 wurde der „Sickereffekt“ speziell in Hamburg untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die Resultate der Studie aus den 70er Jahren: wenn Menschen in einen Neubau ziehen, handelt es sich dabei oft um „ältere“ Familien oder Paare ohne Kinder mit überdurchschnittlichem Verdienst. Ihre „alte“ Wohnung – oft in beliebten innerstädtischen Lagen – wird nun frei für jüngere Familien mit kleinerem Einkommen.
Quelle: www.empirica-institut.de
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