Prognose: Deutscher Immobilienmarkt trotzt der Coronakrise

Wohnungsbau

Mit Transaktionen im Wert von rund 288,7 Mrd. Euro hat es im vergangenen Jahr erneut einen Umsatzrekord am deutschen Immobilienmarkt gegeben. Das geht aus einer Prognose des Hamburger GEWOS Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung hervor.  Deutliche Zuwächse gab es in 2019, insbesondere bei Eigentumswohnungen, Eigenheimen und Mehrfamilienhäusern. Die Auswirkungen der Coronakrise auf den deutschen Immobilienmarkt halten sich bislang in Grenzen. Aufgrund von Nachholeffekten ab Juni und eines vielfach starken Jahresbeginns prognostiziert GEWOS für das Gesamtjahr 2020 weitere moderate Umsatzzuwächse im Bereich Wohnen, bei überwiegend leicht rückläufigen Kauffallzahlen.

Nachholeffekte kompensieren gedämpftes Transaktionsgeschehen während des Lockdowns

Nach Erkenntnissen der aktuellen GEWOS-Trenderhebung hat sich die Coronakrise nicht nennenswert auf das Transaktionsgeschehen am deutschen Wohnimmobilienmarkt im ersten Halbjahr 2020 ausgewirkt. Vor allem die Monatswerte der realisierten Transaktionen zeichnen ein differenziertes Bild der Auswirkungen der Pandemie. „Gewohnt wird immer – dieser alte Makler-Slogan scheint sich auch in Coronazeiten zu bewahrheiten“, sagt Wunsch (GEWOS). „Das Transaktionsgeschehen ist in den Monaten April und Mai 2020 zwar deutlich zurückgegangen aber keineswegs ganz zum Erliegen gekommen. Vielfach war auch bereits im März 2020 ein Rückgang der abgeschlossenen Kaufverträge gegenüber den Vormonaten und den entsprechenden Vorjahresmonaten festzustellen“, so Wunsch weiter.

Dies ist zurückzuführen auf die zu dieser Zeit bestehenden Kontaktbeschränkungen, durch die viele Besichtigungstermine und Notartermine verhindert wurden. Auch dürften manche Interessenten angesichts unsicherer Einkommensperspektiven den geplanten Eigentumserwerb aufgeschoben haben. Teilweise ist anhand der Monatsdaten – zum Beispiel für das Bundesland Niedersachsen – erkennbar, dass während des Lockdowns insbesondere Verkäufe im Bestand, für die eine Anbahnung der Transaktion vonnöten ist, zurückgegangen sind. Transaktionen in Zusammenhang mit der Erstellung waren weniger stark betroffen.

„Nach der Delle in den Monaten März, April und Mai zeigen die Kauffallzahlen ab Juni 2020 wieder eine steigende Tendenz. Das Transaktionsaufkommen lag überwiegend auf einem mit den Vorjahresmonaten vergleichbaren Niveau, vielfach auch darüber, was auf Nachholeffekte hindeutet“, erläutert Wunsch. Insgesamt lagen die Kauffallzahlen des ersten Halbjahres 2020 im normalen Schwankungsbereich der vergangenen Jahre. Dies ist auch auf einen vielfach starken Jahresbeginn 2020 zurückzuführen: So wurden die schwachen Lockdown-Monate durch die vielfach besonders transaktionsreichen Monate Januar und Februar ausgeglichen bzw. teilweise sogar überkompensiert.

Prognose für das Gesamtjahr 2020: Trotz Corona – weiter steigende Umsätze mit Wohnimmobilien

Für das Gesamtjahr 2020 erwartet GEWOS, dass das Umsatzvolumen am deutschen Immobilienmarkt leicht auf rund 290,1 Mrd. Euro steigt (+0,5 %), die Kauffälle dürften in der Summe aller Teilmärkte im laufenden Jahr leicht zurückgehen auf rund 924.200. Verantwortlich für den weiteren – wenn auch leichten Umsatzanstieg in 2020 – ist vor allem der Bereich der Wohnimmobilien. „In Bezug auf den deutschen Wohnimmobilienmarkt haben sich die teils apokalyptischen Vorhersagen der Lockdown-Phase bislang nicht bewahrheitet“, kommentiert Wunsch.

Ein großer Teil der bestimmenden Faktoren der Vorjahre ist trotz Coronakrise weiterhin intakt: Hierzu zählen die demografisch bedingt hohe Wohnungsnachfrage, der Mangel an Bauland und Objekten sowie das niedrige Zinsniveau gepaart mit einem Mangel an Anlagealternativen in unsicheren Zeiten. Nach der Prognose dürften die Umsätze mit Wohnimmobilien in 2020 auf bundesweit rund 215,5 Mrd. Euro steigen (+5,2 %), die Zahl der Kauffälle dürfte in der Summe der vier Marktsegmente (Eigenheime, Eigentumswohnungen, Mehrfamilienhäuser und Wohnbauland) leicht zurückgehen auf rund 724.200. „Wohnen ist ein Grundbedürfnis und speziell die Nachfrage nach selbstgenutztem Wohneigentum ist weiterhin hoch, das belegen unterjährige Daten zur Preisentwicklung vom Angebotsmarkt sowie von den Gutachterausschüssen zu realisierten Kaufpreisen“, sagt Wunsch.

Dementsprechend sind die stärksten Umsatzsteigerungen im Eigenheimsegment (+7,6 % auf rund 80,1 Mrd. Euro) und im Bereich Eigentumswohnungen (+4,0 % auf rund 77,5 Mrd. Euro) zu erwarten. Stützend wirkt hier weiterhin das am Jahresende auslaufende Baukindergeld. Die Umsätze mit Mehrfamilienhäusern werden gemäß den Prognosen im laufenden Jahr voraussichtlich um 3,3 % auf rund 38,9 Mrd. Euro steigen, die Zahl der Kauffälle von Mehrfamilienhäusern dürfte sich in 2020 insgesamt leicht erhöhen auf rund 42.300 (+0,9 %). 

Ausblick Immobilienmarkt

Die Erholung der deutschen Wirtschaft könnte nach neuesten Daten und Prognosen schneller vonstattengehen als zunächst angenommen. Dennoch bestehen weiterhin große Unsicherheiten hinsichtlich des Fortgangs der Pandemie. Für Wohnimmobilienmärkte ist generell ein Nachlaufen gegenüber der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung festzustellen. Im Allgemeinen gilt der Bereich Wohnen als krisenfester als beispielsweise Büroimmobilien. „Inwiefern die Auswirkungen der Coronakrise am deutschen Wohnimmobilienmarkt zeitlich verzögert sichtbar werden, muss sich erst noch zeigen. Sollte sich in Folge der Krise eine dauerhaft niedrigere Arbeitsnachfrage in Deutschland einstellen, hätte dies Auswirkungen auf die Lohnentwicklung und damit mittelfristig auch die Wohnungsnachfrage. Regional könnte die Betroffenheit zudem unterschiedlich ausfallen, in Abhängigkeit von der lokalen Wirtschaftsstruktur“, sagt Wunsch.

Abzuwarten bleibt außerdem, inwieweit sich durch die Pandemie und die Erfahrungen aus der Lockdown-Phase veränderte Wohnwünsche nachhaltig etablieren (z.B. Wunsch nach mehr Fläche, gesteigertes Interesse an selbstgenutztem Wohneigentum und Wohnen im Grünen, höherer Stellenwert von Balkon, Terrasse, Garten, etc.). Denkbar ist beispielsweise auch, dass sich bestehende Suburbanisierungs-Tendenzen mittelfristig weiter verstärken und diese weiter als zuvor in das Umland der Städte und den ländlichen Raum hineindiffundieren.


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