Zero-Risk Bias: Warum viele Menschen Risiken scheuen

Kennen Sie den Zero-Risk Bias? Die Frankfurter Allgemeine berichtete in einer Serie von typischen Denkfehlern, die uns Geld kosten. Dazu gehört der Zero-Risk Bias. Wir haben den Artikel für Sie zusammengefasst. Kleines Risiko gefällig? “Nein, danke!”, sagen da die meisten (wenn natürlich auch nicht alle) von uns.

Diese Neigung ist der Grund, warum viele ihr Geld auf ein Tagesgeld-Konto packen und sonst nirgends hin, außer auf das gute alte Sparbuch vielleicht. Da ist unser Geld “sicher”. So hat man es uns beigebracht. Davon sind die meisten überzeugt. Vom Gegenteil zu überzeugen, fällt hingegen schwer: Denn oft lohnen kleine Risiken. Wer zum Beispiel einen Teil seines Geldes in eine Unternehmens-Anleihe oder einen Fonds investiert, kann seine Gesamtrendite oft klar verbessern. Aber hiermit sind Risiken verbunden, der Einsatz könnte zum Teil verloren gehen – davor schrecken die Meisten zurück. Warum?

Null Risiko

Selbst kleinste Risiken sind vielen zu groß. Zur Tat schreiten sie erst, wenn es (vermeintlich) gar kein Risiko gibt. Das gilt nicht nur für Geldfragen, sondern viele Bereiche unseres Lebens. Einschlägige Untersuchungen zeigen das:  Amerikanische Forscher postierten sich vor einem Einkaufs-Center und “priesen” einen WC-Reiniger an, indem sie die Risiken des Produkts auflisteten: “Von 1000 Verbrauchern verletzten sich 15 durch unsachgemäßen Gebrauch daran.”

Im nächsten Schritt wurden die Kunden befragt, was ihnen ein etwas sicherer Reiniger mehr wert sei – das Ergebnis: Eine Verringerung des Risikos von 15 auf 10 Verbraucher pro 1000 (das sind 5‰) war ihnen 65 Cent wert. Für die nächsten 5‰ wurde nur noch 19 Cent geboten. Aber (!!) die letzten 5‰, die das Risiko völlig verschwinden ließen, waren den Kunden deutlich mehr, nämlich weitere 83 Cent wert! Diese Neigung vieler Menschen zum Nullrisiko nennen die Forscher den “Zero-Risk Bias”.

Wahrscheinlichkeitsrechnung liegt uns nicht

Hier sind zwei Dinge wichtig. Erstens: Rechnen in Wahrscheinlichkeiten gehört nicht zu unseren Stärken. Wenn etwas in 50% der Fällen geschieht – das verstehen wir 🙂 Aber schon etwas komplizierte Fälle – wie im obigen Beispiel – verstehen wir nicht mehr intuitiv.

Abhaken spart Kräfte

Zweitens: Wir machen – flapsig gesagt – sparsamen Gebrauch vom Denken. Ist etwas ohne Risiko, kann man es abhaken und zu den Akten legen. Bleibt aber ein Risiko bestehen, bleibt auch das Thema auf der (Denk-)Tagesordnung. Und das bindet Kräfte. Ist etwas hingegen ohne Risiko, kann man es “gedanklich abschließen” wie es die Psychologen nennen. Deswegen sind wir auf Null-Risiko aus. Aber diesen Idealfall treffen wir im Alltag eigentlich nie an.  Ärzte, Berater und Verkäufer sprechen in diesem Fall von “praktisch keinem Risiko“.

Wo liegt die Wahrheit?

Denken Sie dabei an die Lehmann-Zertifikate. Vor der Pleite las man den Satz oben so: “praktisch kein Risiko”. Nach der Pleite so “praktisch kein Risiko” Zertifikate waren nun der Inbegriff des Risikos.
Die Wahrheit des Zero-Risk Bias liegt da, wo sie immer liegt: in der Mitte. Wer sich das bewusst macht, hat einen wichtigen Schritt getan.

Zusammenfassung: Zero-Risk Bias

Wir Menschen stehen nicht gerne Restrisiken gegenüber. Wir verstehen sie nicht, sie binden unsere Gedanken, also wollen wir sie loswerden.

Gefahren

Die Einen vertrauen daher Scharlatanen, die eine Anlage als risikolos anpreisen, was praktisch nicht vorkommt. Die Anderen verlieren viel Geld, um allen möglichen Risiken aus dem Weg zu gehen, sie verzichten eher auf attraktive Renditen.

Die Lösung …

gibt es nicht. Es ist bisher kein einfacher Weg bekannt, mit dem Zero-Risk Bias umzugehen. Wichtig ist: Völlige Sicherheit gibt es nie – der “Kampf” um das Nullrisiko ist aussichtslos. Einem Risiko stehen in der Regel auch Chancen gegenüber. Dafür sollte man sich nicht den Blick versperren lassen.

Quelle: www.faz.net


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